Uli Hoeneß ist sehr nah am Wasser gebaut. Er wird an diesem Freitag bei seiner Verabschiedung auf der Jahreshauptversammlung des FC Bayern München weinen, richtig schluchzen. Jede Wette. Das ist so sicher wie das krachende Scheitern der Dortmunder bei einem Spiel in München. Das 4:0 gegen den BVB, sein letztes Spiel als amtierender Präsident, war „traumhaft“ für ihn, „ein wunderschöner Abschluss. Wenn du so einmarschierst, ist es natürlich angenehmer als mit einem 0:2“, findet der 67-Jährige.
Es wird Blumen und blumige Worte geben. Geschenke, Lobeshymnen und Standing Ovations. In den vergangenen Tagen spürte man: Der Topf der Wehmut köchelt schon auf Hoeneß’ Herd der Emotionen. Er wird seiner Familie und seiner Frau Susi danken, denen zuliebe er nun abtritt.
Vor Jahresfrist, auf der Jahreshauptversammlung 2018, gab es derbe Kritik und lauten Unmut. Er betreibe „Vetternwirtschaft“, liefere „eine One-Man-Show“, so lauteten die Vorwürfe. Dass diese von einem Fan kamen, hat Hoeneß „überrascht und sehr betroffen gemacht“. Es dauerte lange, bis er die Anklagerede eines Mitglieds verarbeitet hatte, ursächlich für seinen Rückzug als Präsident war sie jedoch nicht.
Das Wesen von Hoeneß' Abteilung Attacke war die Verteidigung des FC Bayern
„Großteils unsachlich“ sei die Kritik gewesen, „das war ja die Krux“. Dass solch schwere Geschütze aus den eigenen Reihen aufgefahren wurden, war eine neue Dimension im Rahmen seiner sehr ausgeprägten Streitkultur über die vier Jahrzehnte als Manager und Präsident.



Das Wesen der Hoeneß’schen „Abteilung Attacke“ war immer die Verteidigung seines Babys FC Bayern. Als Gegnerschaft suchte er sich die Großen der Branche. Denkwürdige Fehden der deutschen Fußballgeschichte sahen in einer Ecke des Rings stets Uli Hoeneß. In der anderen Ecke: der Bremer Manager und SPD-Senator Willi Lemke, den er schlicht nicht ausstehen konnte, oder Christoph Daum. 1989 duellierte sich Hoeneß mit seinem Lieblingsfeind, damals Trainer des 1. FC Köln, im „Aktuellen Sportstudio“ des ZDF, um seinen Coach Jupp Heynckes zu verteidigen.
Die Karriere von Uli Hoeneß beim FC Bayern in Bildern
Als Daum im Herbst 2000 Bundestrainer werden sollte, spielte Hoeneß mit der Aussage über den „verschnupften Daum“ auf dessen Kokainkonsum an. Daum konterte, eine Haarprobe entlarvte ihn als Lügner. „Ich hatte das ganz große Glück, dass Christoph Daum in einer gewissen Überheblichkeit diese Probe hat machen lassen, sonst wäre ich möglicherweise weg gewesen“, sagte Hoeneß in einer ARD-Doku über sein Leben. Für Lemke war Hoeneß der „Totengräber des deutschen Fußballs“, die Retourkutsche im verbalen Dauerclinch lautete: „Volksverhetzer.“
Dagegen waren die Scharmützel mit BVB-Boss Hans-Joachim Watzke sowie die Anschuldigungen gegenüber der sportlichen Führung der Nationalelf – namentlich Joachim Löw und Oliver Bierhoff – im Torhüterstreit zwischen Manuel Neuer und Herausforderer Marc-André ter Stegen geradezu Kindereien.
Hoeneß war auf dem Höhepunkt Liga-Feindbild Nummer eins
Auf dem Höhepunkt aller Auseinandersetzungen war Hoeneß Ligafeind Nummer eins, erhielt sogar Personenschutz. Mit Daum und Lemke hat er sich längst ausgesprochen und versöhnt, vor allem sein Gefängnisaufenthalt habe ihn „demütiger gemacht“, so Lemke.
Zu seinem Rückzug als Präsident verfassten die einstigen Rivalen Briefe, um im FCB-Mitgliedermagazin „51“ ihre Wertschätzung auszudrücken. Daum schrieb: „Du warst nie artig, aber stets einzigartig.“ Ex-Bayern-Trainer Louis van Gaal, ein ebenso großes Alphatier, den Hoeneß nach der Entlassung als „beratungsresistent“ abkanzelte, bekannte nun: „Für ihre Lebensleistung schätze ich Sie sehr.“
Eine Versöhnung mit Paul Breitner, mit dem ihn einst eine tiefe Männerfreundschaft verband, scheint aktuell ausgeschlossen. Nach einem Streit Ende 2018 über die Pressebeschimpfungskonferenz nannte Hoeneß Breitners Kritik „unsäglich“ und forderte ihn auf, seine Stadionehrenkarte zurückzugeben. Für Hoeneß ist „dieses Verhältnis nicht mehr zu kitten“.
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