Dresden. „Unser Gefühl ist eher ein schlechtes als ein gutes“, hatte Dynamo-Trainer Markus Kauczinski schon am Dienstagabend gesagt. Nun haben sich die Vorahnungen zum Teil bestätigt: Dynamo Dresdens Linksverteidiger Chris Löwe hat sich im Spiel gegen den FSV Zwickau (1:2) schwer am linken Knie verletzt. Der 31-Jährige trug einen Außenbandriss und eine Knochenprellung davon. Das habe eine MRT-Untersuchung im Dresdner Uniklinikum ergeben, wie die Sportgemeinschaft am Mittwoch mitteilte. Damit fällt Löwe wochenlang aus. Immerhin: Es ist nicht der von vielen Außenstehenden befürchtete Kreuzbandriss, der sicher eine noch längere Pause zur Folge gehabt hätte.
Schiedsrichter gab nur Gelb
„Ich habe nach dem unglücklichen Zusammenprall sofort einen starken Schmerz in meinem Knie gespürt. Jetzt bin ich erst einmal erleichtert, dass ich mir nach erster Auswertung der Bilder keine schwerwiegendere Verletzung in meinem Kniegelenk zugezogen habe. Die betroffenen Bänder heilen wieder und ich hoffe, dass ich noch in diesem Jahr wieder auf dem Fußballplatz stehen kann. Herzlichen Dank an alle, die mir über die verschiedenen Wege Genesungswünsche zukommen lassen haben“, wurde Löwe in einer Vereinsmitteilung zitiert.
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Zwickaus defensiver Mittelfeldmann Julius Reinhardt war in der 12. Spielminute des Drittliga-Sachsenderbys überhart in den Zweikampf mit dem ballführenden Löwe gegangen und traf den SGD-Routinier mit voller Wucht am Bein. Dessen Knie bog sich für einen kurzen Moment unnatürlich nach außen – zu viel für das Band. Löwe ging zu Boden, krümmte sich vor Schmerzen. „Das mit Chris hat man im ganzen Stadion gehört. Ich glaube, er hat die ganze Zeit bis zum Eintreffen der Sanitäter durchgeschrien. Chris ist ein harter Typ, der macht das nicht einfach so“, berichtet Dynamo-Kapitän Sebastian Mai.
Auf der Trage ging es für den erfahrenen Linksverteidiger nach einer zweiminütigen Behandlungspause runter vom Rasen – und anschließend weiter in die Uniklinik. Cheftrainer Markus Kauczinski war dadurch zu einem frühen Wechsel gezwungen und brachte den jungen Jonathan Meier als linkes Glied der Viererkette. Schiedsrichter Alexander Sather hatte unterdessen Julius Reinhardt, dessen Aktion die Gäste auf Twitter als „Pressschlag“ sahen, mit einer gelben Karte bedacht.
Ausgerechnet Reinhardt
„Ich unterstelle da keine Absicht, aber das war schon hart. Chris dreht sich weg, meiner Meinung nach war es dunkelgelb. Sowas beurteilt man dann immer hinterher, wenn wirklich etwas kaputtgegangen ist. Das ist noch vier, fünf andere Male in anderen Situationen passiert und mit Sicherheit haben wir da auch irgendwo mal hingelangt. Aber mit dem, was jetzt hinterher diagnostiziert wird, ist es natürlich schon auch noch ein bisschen bitterer und ärgerlicher“, ordnete Markus Kauczinski die Aktion ein.
Ausgerechnet Reinhardt! Er ist nur ein Jahr älter als Löwe und beide spielten seit 2002 gemeinsam in der Jugend des Chemnitzer FC. Auch debütierten beide 2007 in der ersten Mannschaft des damaligen Viertligisten, bevor sich 2010 ihre Wege trennten. Während Reinhardt über die Stationen Eintracht Braunschweig, Kickers Offenbach, 1. FC Heidenheim und erneut CFC vor zwei Jahren beim FSV Zwickau landete, schaffte es Löwe weiter nach oben: zum damaligen deutschen Meister Borussia Dortmund, zum 1. FC Kaiserslautern und zu Huddersfield Town in die englische Premier League. Seit 2019 spielt er für die Schwarz-Gelben.
Das Sachsenderby war das erste Punktspielduell der beiden alten Weggefährten seit 2015, als der damalige Heidenheimer Reinhardt gegen Lauterns seinerzeitigen Kapitän Löwe mit 3:1 gewann. Und dann sowas. Gleich nach Abpfiff schrieb Reinhardt Löwe an, entschuldigte sich und wünschte ihm gute Besserung. Sebastian Mai war dennoch wütend: „Im vorherigen Spiel kriegt Paul (Will, d. Red.) einen Gesichtstritt, was eine rote Karte ist. Und hier wird einem von uns das Knie kaputtgetreten und es ist keine rote Karte. Da frage ich mich immer ein bisschen nach dem Gleichgewicht“, so der SGD-Kapitän.
Meier wird Löwe ersetzen
Nach der Verletzung wirkten die Dynamos wie gelähmt, fingen sich eine Viertelstunde nach der Auswechslung den entscheidenden Gegentreffer zum 1:2 und kamen vor allem in der ersten Halbzeit überhaupt nicht mehr in Tritt. „Das macht natürlich etwas mit einem, aber während des Spiels sollte das eigentlich nicht ablenken“, erklärte Sebastian Mai und gestand: „Das tut immer noch mehr und doppelt weh, wenn du verlierst und noch jemanden verlierst, der wichtig ist, uns immer gutgetan hat und jetzt wahrscheinlich lange Zeit nicht mit auf dem Platz stehen kann.“ Auch Kauczinski wollte den Verletzungsschock nicht als Ausrede für den schwachen Dresdner Auftritt in Durchgang eins gelten lassen.
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Immerhin: Noch am späten Dienstagabend konnte Chris Löwe nach Abschluss der Untersuchungen das Krankenhaus auf Unterarmgehhilfen wieder verlassen. Das führte auch bei Markus Kauczinski zu einer gewissen Erleichterung: „Wir mussten aufgrund der Szene mit Schlimmerem rechnen und sind erst einmal froh, dass Chris sich keine komplexere Knie-Verletzung zugezogen hat. Der Ausfall eines so erfahrenen Spielers tut natürlich trotzdem sehr weh und wir müssen als Mannschaft nun noch enger zusammenrücken, um die Lücke von Chris als Team zu schließen“, so Dynamos Cheftrainer.
Das klingt nicht danach, als würde die SGD noch mal auf dem Transfermarkt auf den Ausfall reagieren. Der im Sommer aussortierte und noch immer vereinslose Außenverteidiger Niklas Kreuzer wäre gewiss eine Option. Auf Löwes Ersatzmann Jonathan Meier, der ihn schon aufgrund einer Sperre beim Punktspielauftakt auf dem Betzenberg vertreten hatte, kommen nun aller Voraussicht nach einige Spiele zu. Löwes bislang schwerwiegendste Verletzung war eine Schulterblessur, deretwegen er dem 1. FC Kaiserslautern ab März 2016 bis zum Saisonende gefehlt hatte.